Angst vor Nähe entsteht, weil man dann keine Kontrolle mehr über seine Gefühle hat und außerdem sich in seiner ganzen Verletzlichkeit und Verletztheit zeigen muss. Man muss aus der Deckung herauskommen. Liebe annehmen geht auch nur, wenn man sich das zugesteht. Wie soll man die Liebe von jemandem akzeptieren, wenn man sich selbst für menschlichen Abfall hält?
Die Heilung liegt also – wie immer – in der Heilung der Beziehung zu sich selbst. Bei sich ankommen, bei sich sein. Das geht, indem man die realen Gefühle durchfühlt, bis sie verarbeitet sind. Wie kann ich mich selbst lieben? Das ist die Frage. Ich glaube, das geht nur, wenn man seine Verletzungen ansieht und sie fühlt. Das ist das Aufräumen des Kellers. Wenn der Keller deiner Psyche sauber und trocken ist, dann kannst du auch echte, authentische Freude und tiefe Liebe fühlen, ohne Angst, durch die dünne Abdeckung durchzubrechen, die den verdrängten Abgrund von Schmerz, Angst und Wut von dem bewussten Selbst abschirmt.
Wenn wir keine Energie mehr in die Verdrängung stecken müssen und nicht mehr durch die Verdrängung eine Scheinversion von uns selbst - eine Maske - aufbauen, dann können wir leicht und gelöst sein. Dann ordnet sich das Innere und wir spüren unsere Gefühle und unsere Herzenswahrheit wieder.
Es gibt übrigens keine negativen Gefühle. Die Gefühle sind die Zeiger und Boten unserer Seele. Wenn wir unsere Gefühle bekämpfen, dann bekämpfen wir uns selbst. Wenn wir unsere Gefühle ablehnen, lehnen wir uns selbst ab. Fühle den Schmerz! Dann geht er auch wieder vorbei. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich sogar während des Fühlens des Schmerzes glücklich sein kann. Nicht über den Schmerz, aber darüber, dass ich ich selbst bin, dass ich ehrlich und wahrhaftig bin.
Es gibt nichts Schöneres, als in der eigenen Wahrheit zu sein.
Liebe in reifer Weise anzunehmen ist vermutlich das Gefühl, das man in unserer Kultur am schwersten aufzubringen vermag. Überraschenderweise ist die Schwierigkeit dabei nicht etwa die, Liebe zu schenken, sondern die, Liebe hereinzulassen. Es ist geradezu so, als ob wir uns gegen das, was wir am meisten brauchen – nämlich geliebt zu werden - am meisten wehren.
Dan Casriel
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