BERÜHRUNGEN & BEZIEHUNGEN / SUSANA RIEDERER -Wer jahre- oder jahrzehntelang zusammenlebt, der muss wirklich hart an der Beziehung arbeiten. Und bei vielen Paaren schleicht sich auch die Lust so langsam aus ihrem Zusammenleben.
1) Frau Riederer, kein sexuelles Verlangen mehr nach dem Partner: ist die Beziehung dann tot?
"In einer Beziehung kann das Fehlen von Intimität kein unüberwindbares Hindernis darstellen. Denn eine Partnerschaft ist nicht ausschließlich auf sexuelle Aspekte angewiesen, sondern kann vielfältige Schwerpunkte haben. Es ist jedoch wichtig, die Ursachen für die Unlust zu erkunden – ob sie körperlicher oder psychischer Natur sind – und zu überprüfen, ob sie den Partner belastet. Wenn dies der Fall ist, ist es ratsam, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Ein Ungleichgewicht im Verlangen kann für beide Seiten belastend sein: Ein Partner leidet unter dem Mangel, während der andere sich möglicherweise unter Druck gesetzt fühlt. Es ist entscheidend, offen über mögliche Gründe für die Unlust zu kommunizieren und gegebenenfalls mit professioneller Unterstützung gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
2) Lust, Bock haben - was tun, wenn das verschwunden bleibt?
"Es lohnt sich zu erkunden, warum die Lust möglicherweise abgenommen hat. Es ist nicht unbedingt so, dass der Partner nicht mehr passt. Oft sind es eher alltägliche Belastungen wie Arbeit oder die Herausforderungen mit Kindern. Manchmal gewöhnt man sich auch aneinander und benötigt neue Reize, um die Leidenschaft wieder zu entfachen. Um die Lust zurückzugewinnen, ist es als Paar wichtig, gemeinsam zu ergründen, was fehlt oder was helfen könnte, um wieder Lust zu empfinden. Bereits das Schaffen von Zeit füreinander kann entscheidend sein, um zu entspannen und so den Weg für die Rückkehr der Lust zu ebnen. Es lohnt sich, neue sinnliche Berührungen zu erkunden, um neue, erregende Körperstellen zu entdecken – dies kann ein Weg sein, um die Lust neu zu entfachen."
3) Es geht also wirklich erstmal drum, es schön zu finden, Zeit miteinander zu verbringen?
"Es geht nicht nur darum, die Zeit miteinander zu genießen, sondern aktiv Zeitfenster für gemeinsame Zweisamkeit zu schaffen. Es ist wichtig, sich bewusst Momente für gemeinsame Unternehmungen zu reservieren und die kostbare Zeit zu schätzen. Es gibt Lebensphasen, in denen das schwieriger ist, aber es wird auch wieder mehr Zeit für einander geben. Deshalb ist es empfehlenswert, absichtslose Berührungen in den Alltag zu integrieren, um eine tiefere Verbindung zu schaffen. Oft fehlen nicht nur sexuelle Momente, sondern vor allem Berührungen, Anerkennung und das Gefühl, wieder gesehen und wertgeschätzt zu werden."
4) Nachlassende Lust führt fast immer zu Selbstzweifeln und Vorwürfen. Wie kann man das vermeiden?
"Es ist wichtig, diese Thematik unbedingt anzusprechen. Ich habe selbst eine Phase erlebt, in der mein Partner keine Lust zeigte, was mich stark verunsicherte. Als ich ihn darauf ansprach, erklärte er, dass Stress bei der Arbeit seine Libido beeinflusste – etwas, das nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer gilt. Stress kann bei den meisten Menschen die Lust mindern. Diese Offenheit meines Partners beruhigte mich enorm. Es machte mir klar, dass Selbstzweifel und Vorwürfe in solchen Momenten überflüssig sind, sobald man die Gründe versteht und akzeptiert."
5) Also: entspannen und die Situation nehmen, wie sie ist - und schauen, was wird?
"Es ist nicht ausreichend, einfach abzuwarten, da dies zu einer zunehmenden Distanz zwischen Partnern führen kann. Es ist wichtig, die Situation zu erkennen und anzusprechen, wenn sie belastet. Ungesagte Sorgen können vermieden werden, indem man ehrlich miteinander spricht. Es ist entscheidend, die Situation zu akzeptieren und dann offen über die eigenen Gefühle zu sprechen. Gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, die für beide Seiten passend ist, kann dazu beitragen, die Intimität und Lust wiederherzustellen."
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