Zuallererst: Tantra ist keine sexuelle Disziplin, hat nichts mit vielen tollen Stellungen und Gruppensex (mit Räucherstäbchen ;-)) – und ganz sicher nichts mit erotischen Massagen zu tun: Tantra ist eine spirituelle Disziplin.
DER TANTRISCHE WEG ist ein Weg, der Sexualität nicht ausschließt, und das “MenschSein” nicht verleugnet, sondern die Göttlichkeit und das EinsSein von Mutter Erde und Vater Geist feiert und der uns hilft, unser wahres Selbst zu leben:”IN LIEBE SEIN”
Dass Tantra spirituell sein soll, ist für viele Menschen eher neu. Denn Tantra ist einer der Begriffe der – nicht nur bei Laien sondern auch in der spirituellen Szene – am meisten missverstanden wird. Das Erste an was Menschen denken, die dieses Wort hören, ist Sexualität. Doch Tantra ist alles andere, als eine Methode um besseren Sex zu haben – auch wenn unsere Sexualität dabei heil werden kann. Und es ist auch keine Religion (obwohl es geschehen kann, dass wir Gott dabei finden), denn das ist das zweite, was als Vorstellung auftaucht: Eine dubiose sexuelle Sekte.
Tantra kommt aus Tibet / Indien und war in seinen Ursprüngen ein spiritueller Weg. Das Wort stammt aus dem Sanskrit und bedeutet: Gewebe / Zusammenhang, Erweiterung / Ausdehnung, Kontinuum, Instrument zur Erweiterung des Bewusstseins. Dieses “Verbindende” von Tantra zeigt sich unter anderem darin, dass es die Gleichwertigkeit von Himmel und Erde, von Geist und Materie, von Yin und Yang, von Lust und Gott zur Basis hat: Es lehrt uns, unsere Sexualität als heilsame, göttliche Kraft zu begreifen. Diese Kraft – Kundalini genannt – wird als Schlange dargestellt und ist der Begriff für die allumfassende Quelle jeglichen Lebens, die seit Anbeginn aller Zeiten in uns und um uns herum “ist”. Und anders als in der christlichen Mythologie ist diese Schlange nicht die Vertreiberin aus dem Paradies, sondern die Führerin ins Paradies.
Im heutigen Indien erinnert leider gar nichts mehr an diese Ursprünge, im Gegenteil: Frauen sind wertlos, werden systematisch unterdrückt, gedemütigt, misshandelt und ermordet. Das buddhistische Tantra ist das einzige, das das ursprüngliche Tantra zumindest zum Teil weitergeführt hat. Männer und Frauen sind in dieser Tradition nicht nur vollkommen gleichberechtigt, sondern viele TantraMeister sind weiblich.
Bei uns im Westen sind die meisten TantraGruppen “erotisch-therapeutisch”. Mal mehr von dem einen, mal mehr von dem anderen. Wenn ich hier bei uns das tibetische UrsprungsTantra anbieten würde, könnte das so aussehen: Zwei Jahre meditieren die Frauen intensiv in ihrem Kloster, die Männer in einem anderen. Dann würden sich die beiden Gruppen einen Tag lang für eine tantrische Vereinigung treffen … … … Ich glaube nicht, dass ich auch nur einen Teilnehmer hätte!
Es gibt viele Tantra-Gruppen oder Lehrer, für die Sexualität im Mittelpunkt von Tantra steht, doch das sehe ich als eine ganz persönliche Vorliebe dieser Menschen. Das ist nur ein Aspekt von Tantra – und nicht Tantra. Denn Tantra ist weder “sexuelle Übungen und Massagen”, noch eine Möglichkeit zu besseren Orgasmen und EjakulationsKontrolle. Wenn du “nur” eine bessere Sexualität haben willst, reicht es wenn du eine SexualTherapeutin aufsuchst. Tantra verhilft genauso wenig zu mehr Lust, so wie Hände falten und ein Gebet aufsagen nicht automatisch mit Gott verbindet. Wenn Tantra (oder Gott) nicht in unseren Herzen geschieht, kann Transformation nicht stattfinden. Wenn dein Alltag nicht tantrisch ist, ist es auch deine Sexualität nicht.
Am leichtesten lassen sich die verschiedenen tantrischen Richtungen mit Farben beschreiben: Es gibt das weiße Tantra, d.h. Tantra als MeditationsWeg und das rote Tantra mit dem Schwerpunkt Sexualität, Gefühle, Beziehungen.
Das SYNTHESeIS LOVE Tantra ist rosa … ist ein Herzweg.
Grundsätzliches …
Was ist Tantra ?
Es gibt auch in anderen alten Kulturen so etwas wie “Tantra”. Die Indianer z.B. nannten diese Form der Spiritualität “Quodoushka”. Und auch bei ihnen ging es um die Verbindung von Mutter Erde und Vater Geist und darum, dass Erde genauso “heilig” ist wie Himmel. Dieses Erkennen der Einheit von allem ist der Kern, ist die Essenz von Tantra: Mann & Frau, Yin & Yang, Anima & Animus (der innere männliche bzw. weibliche Anteil in Frauen und Männern) – und nicht zuletzt die sogenannten Schatten in uns, die wir gerne nach außen projizieren.
Ich glaube, dass in alten Kulturen dieser Respekt für das “Weibliche” noch vorhanden war. Sogar in der Bibel – zumindest im unzensierten ThomasEvangelium – sind Zitate von Jesus zu lesen, in denen deutlich wird, dass Jesus ein Tantriker war:
“Ich stamme von dem her, was gleich (*eins) ist … Wer gleich (*eins) ist, wird mit Licht gefüllt sein. Aber wer innerlich geteilt ist, wird mit Finsternis gefüllt sein … … Als ihr einer (*eins) waret, wurdet ihr zwei. Wenn ihr aber zwei geworden seid, was werdet ihr tun ? … … Wenn ihr die zwei zu einem macht, und wenn ihr das Innere wie das Äußere macht – und das Äußere wie das Innere und das Obere (*Himmel) wie das Untere, (*Erde) und wenn ihr das Männliche und das Weibliche zu einem Einzigen macht, damit das Männliche nicht (mehr) männlich und das Weibliche nicht (mehr) weiblich ist, … dann werdet ihr eingehen in das Paradies.
*Anmerkungen von Nika Kölbl
Tantra ist also keineswegs irgendeine obskure Sexpraktik aus dem Orient, sondern der einzige spirituelle Weg (den ich kenne), der die Energie der Erde, das heißt Körperlichkeit, Weiblichkeit, Yin-Energien, Sexualität miteinbezieht, sie nicht “verteufelt”, nicht abspaltet und negiert. Gott ist für uns oben: Wir schauen innerlich automatisch nach oben, wenn wir beten. Die Vorstellung, dass auch die Erde – Materie – göttlich ist, ist uns sehr fern und braucht ein völliges Umdenken.
Und es geht im Tantra noch um sehr viel mehr, als nur darum, dass die Erde auch göttlich ist. Es geht darum, dass sie – bzw. alle Materie – der einzige Ausdruck von Gott ist. Diese Form von Spiritualität ist im Moment eher selten auf unserer Welt. Und deshalb ist Tantra für mich ein Weg um die Einheit von Körper und Geist wieder zu entdecken, ein Weg aus der Trennung vom All-Ganzen zur Verbindung mit dem All-Ganzen, ein Weg das Immaterielle im Materiellen zu entdecken, ein Weg Gott in der Körperlichkeit, im Menschsein zu leben.
Dieser Weg zu Gott ist ein Weg des Bewusstseins durch das MenschSein, ein Weg der Heiligung / Heilung des Körpers, der Materie, des Weiblichen! Das kannst du dir ganz praktisch als einen Weg durch die verschiedenen Chakren* vorstellen. (*Ich habe die Beschreibung der einzelnen Chakren nur ganz kurz gehalten – es gibt viele Bücher zu diesem Thema, wenn du mehr darüber wissen willst. )
Dieser Weg beginnt beim ersten Chakra, das sich an deinem Damm (zwischen Anus und Geschlecht) nach unten öffnet. Zum ersten Chakra werden oft auch noch die Fußchakren gerechnet, denn auch die verbinden uns wie Nabelschnüre zu Mutter Erde. Diesem Chakra ist Materie, Körperlichkeit, Sexualität, Fortpflanzung zugeordnet. Sein Element ist Erde. Im ersten Chakra schläft der indischen Mythologie zufolge die Kundalini-Schlange – die durch tantrische Übungen geweckt – dann durch den Körper nach oben steigt …
Weiter zum zweiten Chakra, das sich auf der Höhe des Nabels (Vorder- und Rückseite des Körpers) befindet. Ihm sind Emotionen, Spontaneität, Fruchtbarkeit, Sinnlichkeit, Lust, Empfänglichkeit zugeordnet, bzw. das Element Wasser. Wir kennen Sprüche wie: “Sie hat zu nah am Wasser gebaut” für Menschen die gefühlvoll sind und leicht weinen. Dieses Gefühlvolle wird eher als schwach und negativ gesehen, während der klare Verstand als etwas Erstrebenswertes dargestellt wird. Doch Wasser ist der Urquell des Lebens überhaupt – alles Leben kam aus dem Wasser und unser Körper besteht zu ca. 70 % aus Wasser, wir könnten ohne Wasser nicht leben. Und es gibt noch eine Besonderheit: Dieses Chakra wird auch Sakral- Chakra genannt und “sakral” heißt heilig. Ein Hinweis darauf, dass diese Energien dort “heilig”… und “heilend” sind.
Die Elemente der ersten beiden Chakren (Erde und Wasser) sind Yin: Passiv, empfänglich, weiblich – nicht im Sinne von Frau sondern im Sinne von weiblicher Polarität. Diese Einteilung hat nichts mit Mann und Frau zu tun, es gibt z.B. Männer die eher yin (empfänglich, weich) sind und Frauen die mehr yang (dynamisch, ausgreifend) sind. Und doch tritt bei dieser Einteilung oft eine Wertung auf: “Bin ich noch ein Mann, wenn ich empfänglich bin?” oder ” Ist es besser dynamisch zu sein, als weich?”
Diese Bewertung von “Yang ist besser als Yin” ist in unserer Gesellschaft völlig normal. Die Idealisierung des Yang ist die Basis der Umweltzerstörung. Menschen, die in Mutter Erde keine “Umwelt” sehen, sondern göttliche Energie, gehen respektvoller mit ihr um. In den alten, vorchristlichen matrilenaren Kulturen und Religionen oder in der indianischen Kultur, war es üblich, Göttin-Mutter-Erde und ihre Geschöpfe (Tiere) zu ehren – auch wenn man sie tötet um sie zu essen!
Alle heute existierenden großen Weltreligionen sind Yang-orientiert. Ich bleibe mal beim Christentum, weil uns das am meisten vertraut ist: Vater Gott, Sohn Gott und Heiliger Geist (- der ist ganz sicher yang, weil er nur Geist ohne Körper ist). Die Jungfrau Maria, die von den katholischen Religionsgründern in die Religion mit aufgenommen wurde – weil sich so die Heiden leichter von ihrer MutterGottheit abbringen ließen – ist nicht wirklich yin, denn sie hat ja keinen Unterleib, keine Sexualität. Im Christentum sind die ersten beiden Chakren und die Energien die damit verbunden sind, zumindest schlechter (wenn nicht sogar vollkommen “verteufelt”) als das “reine hohe Yang-Ideal” – fern aller körperlichen Versuchungen. Der Mann (Adam) ist rein und gut, solange bis die Frau (Eva) ist gleich Körperlichkeit und Gefühle (ist gleich erstes und zweites Chakra) zusammen mit der Schlange (ist gleich Sexualität) ihn zur Sünde verführt.
Im Tantra vertreibt dich die Schlange (Kundalini) nicht aus dem Paradies, sondern führt dich hinein, führt dich zu Gott.
Und man könnte sogar die Entstehungsgeschichte des Menschen aus der Bibel auch so verstehen: Gott formte den Körper des Menschen aus Ton – und was ist das anderes als Matsch aus Erde und Wasser! Er hauchte ihm seinen Atem ein – das ist das vierte, das Herz-Chakra. In diesem HerzRaum – ausgefüllt mit dem Atem Gottes – in unserem spirituellen Herzen finden wir “Ihn” wieder.
Doch vorher kommt noch dieses – in esoterischen Kreisen – so verpönte dritte Chakra (Solarplexus). Das angeblich böse Ego, das aufgelöst werden muss – oder doch zumindest in Schach gehalten werden sollte. Doch erst durch dieses dritte Chakra – ElementFeuer – werden wir zum Menschen. Denn Tiere haben kein Ego – ausgenommen vielleicht die Tiere, die dem Menschen ähnlich und nah sind: Die einzigen Tiere die sich im Spiegel erkennen können sind Delphine und Menschenaffen. Dieses Erkennen ist es, was uns von Tieren, Pflanzen und Steinen unterscheidet. Denn die können – im Gegensatz zum Menschen – Gott nicht erkennen, weil sie Gott leben.
Tantra ist also der Weg der Kundalini-Schlange durch diesen inneren Regenbogen der sieben Chakren (rot, orange, gelb, grün/rosa, türkis, dunkelblau, violett / weiß). Ich arbeite allerdings nicht mit der Vorstellung der alten indischen Mythologie, dass in meinem Körper eine Schlange schläft, die ich mit bestimmten Meditationen und Übungen wecken muss. Für mich ist diese Schlange nur das Symbol für die große göttliche LebensEnergie, der allumfassenden Quelle jeglichen Lebens. Sie “ist” in uns und um uns herum seit Anbeginn aller Zeiten. Ich kann sie weder wecken noch führen. Im Gegenteil, sie weckt und führt mich – denn sie hat mich ins Leben gebracht. Das Einzige, was ich tun kann ist, mich ihr zu öffnen oder mich ihr zu verschließen (d.h. ich kann so tun, als ob sie nicht da wäre.)
Tantrische “Arbeit” bedeutet: Menschen und Körper darauf vorzubereiten, diese Energie wahrzunehmen und sie spüren zu lassen, dass sie da ist – schon immer da gewesen ist: Wir brauchen sie nicht zu wecken. Das Einzige, was zu “tun” ist, ist sich der Angst zu stellen. Denn wir fürchten uns vor einer Kraft, die größer ist als wir selber, die uns bewegen kann, die nicht wir am Zügel haben. Im Tantra kann ich lernen, wie ich mein Bewusstsein dieser Kundalini-Energie öffnen kann, Ich kann üben, mich ihr hinzugeben und geschehen lassen, dass sie mich daran er”innert” wer oder was ich in Wahrheit bin: diese große All-Eins-Sein.
Doch ohne Körper kein Tantra! Denn dieses Erinnern kann nur in diesem “mich von der Einheit trennenden” Körper stattfinden. Ohne Trennung, keine Verbindung. So wie ein Fisch das Wasser nur dann fühlen kann, wenn es im fehlt, können auch Menschen die Verbindung nur dann spüren, wenn sie in der Trennung (Körper) sind.
Wenn du Tantra in dein Leben bringst, verändert sich dein Leben, nicht nur deine Sexualität. Tantra befreit deine blockierte Lebensenergie und erweitert deine Liebesfähigkeit. Es kann Heilung, Glück und Ekstase bringen, dich in höchste spirituelle Dimensionen führen und dein Leben zur Meditation werden lassen. Doch Tantra ist nicht zu “machen”: Tantra ist “Sein” … es gibt kein erreichbares Ziel, denn der tantrische Weg ist das Ziel!
Ich verstehe Tantra als einen Raum, der entstehen kann, wenn wir innehalten und aufmerksam nach innen lauschen:
Ein Raum, wo Heilung und Transformation stattfinden kann und wo du wirkliche Nähe, statt oberflächlicher Streicheleinheiten erleben kannst – ein Raum um Verbundenheit wahrzunehmen, um das “Tun” zu beenden und das “Sein” geschehen zu lassen … Tantra geschehen zu lassen!
Dieses Innehalten kann mit tantrischen Übungen erreicht werden, mit Meditation oder auch durch (d)ein Eintauchen in unerforschte emotionale Tiefen … und manch-mal bekommen wir diesen Raum durch Gnade einfach geschenkt!
Trotz all dieser Beschreibungen: Es ist ziemlich unmöglich wirklich zu beschreiben, was in einer Tantra-Gruppe passiert. Wie beschreibt man den Geschmack einer Papaya? Die einzelnen Übungen aufzuzählen, lässt dich nichts von der Energie ahnen, die entsteht, wenn 20 Menschen in einem Raum sich mit offenen Herzen und Augen begegnen oder das befreiende, erlösende Lachen hören, wenn sich alte Muster auflösen … denn das ist es, was wirklich in einer Tantra-Gruppe geschieht:Transformation und Liebe.
TANTRA HEISST … … eine Atmosphäre von Liebe zu kreieren, in der Heilung geschehen kann und Blockaden und Grenzen sich auflösen. … mich allem, was ist, hinzugeben, mit Haut & Haaren, Kopf & Bauch, ohne Wenn & Aber – mit Liebe im Herzen. … zu entdecken, dass mein Wunsch lustvoll mit jemanden zu verschmelzen, in seinem Ursprung eine tiefe spirituelle Sehnsucht ist … Die Sehnsucht wieder “eins zu sein” mit allem – “nach Hause” zu kommen. … die Verbindung wieder zu spüren und eins zu werden: Eins mit meinem Körper, meiner Lust und meinen Gefühlen Eins mit meinen inneren Polen von Yin und Yang und meiner/m Geliebten im Außen … Eins zu werden mit der LIEBE zu allen Menschen, Tieren, Pflanzen, Kristallen und Wesen, mit der ganzen Welt … mit dem Kosmos … Und eins zu werden mit meiner SEELE … mit GOTT. TANTRA HEISST, VERSTEHEN ZU LERNEN, DASS ICH ALLES UND NICHTS DAVON BIN.
Quelle:
Comentarios